Allgemeine Informationen
Durch eine Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung können in Deutschland seit dem 1. Juli 2012 Wechselkennzeichen ausgegeben werden. Dabei besteht das Wechselkennzeichen aus einem gemeinsamen Teil (Wechselelement), der gegebenenfalls vor der Fahrt umgesteckt werden muss, und je einem starren, fahrzeugbezogenen Teil für jedes Fahrzeug nach dem Muster „OHZ AB 10“ (Wechselelement) + „2“ (starrer Teil). Das bei der Zulassungsstelle eingetragene Kennzeichen des Fahrzeuges lautet somit „OHZ AB 102“. Das hiermit gepaarte Fahrzeug könnte als Kennzeichen beispielsweise „OHZ AB 105“ erhalten, bei dem als starrer Teil „5“ angebracht wird.
Wechselkennzeichen können nur für die EG-Fahrzeugklasse M1 (Kraftfahrzeuge für Personenbeförderung mit maximal acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz), die Klasse L (Krafträder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und vierrädrige Kraftfahrzeuge bis 550 kg Leermasse) und die Klasse O1 (Anhänger bis 750 kg zulässiger Gesamtmasse) vergeben werden, sofern beide Fahrzeuge einer Klasse angehören. Zusätzlich müssen die Kennzeichenschilder der beiden verwendeten Fahrzeuge die gleichen Abmessungen haben. Es muss sich nicht um die gleiche Fahrzeugart handeln, man kann auch einen PKW und einen Oldtimer oder ein Wohnmobil mit demselben Wechselkennzeichen ausstatten. Wechselkennzeichen für Motorräder können auch auf Quads, Trikes und Leichtkrafträdern verwendet werden. Das Wechselkennzeichen darf nicht gleichzeitig an beiden Fahrzeugen geführt werden. Die Bundesregierung geht von Zulassungskosten von rund 65 Euro aus, wenn ein Halter für zwei Fahrzeuge aus dem vorhandenen Bestand Wechselkennzeichen beantragen wird. Es fällt (abweichend zu den Wechselkennzeichen in Österreich und der Schweiz) für beide Fahrzeuge die volle Kfz-Steuer an.
Nach einer Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) würden vor allem der Automobilhandel und das Kfz-Handwerk von dem neuen Wechselkennzeichen profitieren. Auch eine Umfrage der Dekra unter 1800 Autofahrern lässt auf einen gesteigerten Absatz in der Automobilbranche schließen. 37 Prozent der Befragten würden sich demnach im Zuge der Einführung des Wechselkennzeichens „sehr wahrscheinlich“ ein neues Fahrzeug zulegen. Weitere 37 Prozent würden sich „eventuell“ für den Kauf eines Autos entscheiden. Allerdings wurde die Studie vor dem 16. Dezember 2011 auf Basis der ursprünglichen (österreichischen) Version durchgeführt.
Anders als bei der Zweitwagenversicherung können mit einem Wechselkennzeichen versehene Fahrzeuge nicht parallel gefahren werden. Das austauschbare Nummernschild muss immer am aktuell genutzten Fahrzeug angebracht werden. Die Kfz-Haftpflichtversicherung mit einem Wechselkennzeichen tritt demnach nicht in direkte Konkurrenz zur Zweitwagenversicherung. Vielmehr könnte sie das bisher gängige Saisonkennzeichen ersetzen. Die ursprüngliche Idee des Wechselkennzeichens sah vor, dass eine Wechselkennzeichenversicherung auch finanzielle Vorteile für Autofahrer bringen könnte. Eine Fahrzeugversicherungspolice des ADAC sah vor, dass nicht für alle mit einem Wechselkennzeichen versehenen Fahrzeuge Versicherungsbeiträge gezahlt werden müssen. Nur für das Fahrzeug mit der höchsten Typklasse würden Beiträge fällig werden.
Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bieten die Kraftfahrtversicherer unternehmensindividuellen Versicherungsschutz für Wechselkennzeichen an. Dabei wird berücksichtigt, dass die beiden Fahrzeuge nicht gleichzeitig genutzt werden. Wie viel ein Fahrzeug genutzt wird, ist in Deutschland teilweise bereits in anderen Tarifmerkmalen – wie der Kilometer-Fahrleistung oder der Typklasse – enthalten.
Seit Einführung der deutschen Wechselkennzeichen zum 1. Juli 2012 ist die Resonanz relativ verhalten. Bis zum 31. Dezember 2012 wurden lediglich 2115 Wechselkennzeichen von Zulassungsstellen ausgegeben. Das grundsätzliche Interesse ist vorhanden, aber die Entscheidung hängt von den finanziellen Rahmenbedingungen ab, die jedoch bei der deutlichen Mehrzahl gegen die neuen Kennzeichen sprechen. Da für beide Fahrzeuge die volle Kfz-Steuer entrichtet werden muss und die Versicherungsindustrie keine nennenswerten Vergünstigungen einräumt, wird in Pressemitteilungen prognostiziert, dass das deutsche Wechselkennzeichen unter den gegebenen Bedingungen von der Bevölkerung nicht angenommen werden wird.
Die Zeitschriften Oldtimer-Markt und Oldtimer-Praxis begrüßten unter Bezugnahme auf dieses Gutachten die Einführung des Wechselkennzeichens ausdrücklich und verwiesen darauf, dass dies ein Konjunkturprogramm der Kfz-Industrie sei, das kostenneutral und ohne Hinnahme des Verlustes historisch wertvollen Materials auskommt, im Gegensatz zur teuren und umstrittenen Abwrackprämie.
Rote Kennzeichen
→ Hauptartikel: Kfz-Kennzeichen (Deutschland)#Rote KennzeichenEine schon vor 2012 übliche Form des Wechselkennzeichens sind die Roten Kennzeichen, die als Händler-Wechselkennzeichen oder für Oldtimer Verwendung finden. Das Kennzeichen enthält in roter Schrift auf weißem Grund nach dem Unterscheidungszeichen (für die Zulassungsbehörde) die Zahlenkombinationen „06“ (für Händler) bzw. „07“ (für Oldtimer) und weitere fortlaufende Zahlen, die der Unterscheidung dienen, z. B. „EA 0655“. Das sogenannte Sammler-Wechselkennzeichen mit der beginnenden Ziffernfolge „07“ darf für Fahrzeuge ab einem Alter von 30 Jahren verwendet werden. Unklarheit herrscht über den Status von Fahrzeugen mit rotem Kennzeichen im Ausland, beispielsweise bei grenzüberschreitenden Oldtimer-Treffen. Zum 1. Juni 2012 wurde für die Nutzung durch Prüforganisationen die zusätzliche Einführung einer Kennzeichengruppe beginnend mit „05“ durch Einführung eines Absatzes 3a in § 16 der Fahrzeugzulassungsverordnung beschlossen.[5]